Qaqortoq ist die größte Stadt im Süden Grönlands, dort laufen wir am frühen Mittwochvormittag ein und werden nach  vier Tagen auf See von Mitarbeitern des Grönländischen Energieversorgers NUKISSIORFIIT freundlich Empfangen. Mit dem Regionalchef Südgrönlands Lars Hoffmeyer und seinem leitenden Ingenieur Michael Benjamin Christensen haben wir bereits im Vorfeld intensiven Kontakt gehabt und wir freuen uns sehr auf die Begegnung mit ihnen. Besonders Michael scheint sich auch sehr auf uns zu freuen, er ist früher selbst zur See gefahren, hat 25 Jahre in Mosambik gelebt und es scheint uns, dass dieser Mann viele spannende Geschichten zu erzählen hat. Erstmal führen wir die beiden auf der Dagmar Aaen herum und sie sind restlos begeistert von unserem alten Dame.

Am nächsten Tag fährt Michael im neuen Elektromobil der Firma an der Hafenkante vor – wir bekommen eine erste Idee davon, dass hier das Wort Energiewende ernst genommen wird und alle Mitarbeiter begeistert sind ihre Energieversorgung auf saubere Quellen umzustellen. Unsere erste Station auf unserer Tour ist das Heizkraftwerk Qaqortoqs, dort sind drei konventionelle Dieselheizkessel installiert. Keine besonders effizente Art Wärme zu erzeugen, jedoch darf man Grönland nicht mit Europa vergleichen. Die installation eines Kohlekraftwerks würde sich aufgrund der Größenordnung nicht lohnen, Gasimporte ohne Leitung erfordern ebenso ein komplexe Hafeninfrastruktur. Allerdings wurde bereits der erste Elektrodenheizkessel mit einer Leistung von 1 Mega Watt installiert. Mit diesem kann Strom aus dem nahegelegenen Wasserkraftwerk in Wärme umgewandelt werden. Das heiße Wasser wird über dick isolierte Rohre in die meisten der Haushalte in der Stadt verteilt. Der Vorteil eines solchen Fernwärmesystems ist, dass die Versorgung relativ einfach auf regenerative Energiequellen umgestellt werden kann.

Vom Heizkraftwerk fahren wir in die Zentrale der Firma. Dort treffen wir auch Lars wieder und schauen uns als erstes zwei alte Dieselmotoren mit einer Leistung von je 1,6 Mega Watt an. Installiert wurden diese im Jahre 1990, heute laufen sie jedoch nur noch als Backup zum Wasserkraftwerk. Das Wasserkraftwerk liegt ausserhalb der Stadt, rund 70km entfernt und hat eine Leistung 7,6 Mega Watt.

In der Zukunft soll der Diesel durch ein Wind-Solar-Batterie Kombikraftwerk ersetzt werden. Ein erstes Pilotprojekt wurde in dem nahgelegenen Ort Igaliku installiert. Dort werden nun erste Erfahrungen gesammelt, die jedoch bisher sehr positiv sind. In den langen Polarwintern produzieren die Windkraftanlagen genügend Strom, im Sommer in Kombination mit den Photovoltaik Anlagen ist sogar mehr als genug Strom vorhanden.

Uns ist es leider nicht möglich das Wasserkraftwerk und das Wind-Solar-Kombikraftwerk zu besuchen, beides würde uns insgesamt drei Tage kosten, da wir mit Dagmar durch die engen Fjorde und aufgrund des Eises mit reduzierter Geschwindigkeit navigieren müssten. Unser Ziel ist weiterhin der hohe Norden und wir haben in Island zu viel Zeit verloren. Daher sind wir sehr Dankbar, dass Lars uns das Grönländische Energieversorgungssystem und die Details des Kombikraftwerks in einer kleinen Präsentation vorstellt.

Grönland ist besonders stark vom Klimawandel betroffen, daher würde das Land gerne Vorreiter bei den Erneuerbaren Energien werden. Dies ist gar nicht so einfach, da das gesamte Land stark von importierter Energie abhängig ist und das Stromnetz aus über 70 einzelnen Inselsystemen besteht. Das heißt, es gibt kein Verbundnetz, in welchem es deutlich einfächer wäre Erzeugung und Verbrauch auszugleichen. Durch den konsequenten Bau neuer Wasserkraftwerke in den letzten zwei Jahrzehnten konnte der Anteil an Wasserkraft im Stromsektor auf 67,5 Prozent erhöht werden. Zusammen mit Wind- und Photovoltaikanlagen sind es rund 70 Prozent regenerative Stromerzeugung, bereits für das Jahr 2030 will Grönland 100 Prozent erreichen. Insgesamt liegt der Anteil Erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch bei rund 20 Prozent, das ist ein höherer Wert als bei uns in Deutschland. Für das Jahr 2030 ist es geplant den Anteil auf rund 60 Prozent zu erhöhen, auch hier liegt Grönland deutlich über dem für Europa angestrebten Wert!

Wir diskutieren noch lange mit Lars und Michael über die Zukunft der Energieversorgung und die Auswirkungen des Klimawandels in Deutschland. Die Begegnung ist so spannend, dass wir beschließen diese an Board fortzuführen, Michael besorgt frischen Fisch vom lokalen Händler und wir schmeißen schonmal den Grill an. Sogleich gesellt sich auch noch die Crew vom Nachbarschiff, der Penduick VI, im Hafen hinzu. Das berühmte Schiff von Éric Tabarly wurde heute von seiner Tochter dem „Elemen‘Terre“ Projekt als Plattform zur Verfügung gestellt. Sie ist selbst mit an Board und bringt auf der Reise Künstler mit Wasser- und Extremsportlern zusammen. Der Abend endet in einem Fussballspiel an der Pier – ein internationales Segelteam gegen die Dorfjugend. Grönland ist zwar kein Mitglied der FIFA, es war jedoch ziemlich eindeutig wer an diesem Abend mehr Energie hatte.