In der Nacht hat es aufgebrist. An der Nordküste Islands bläst es kräftig aus Süd. Eine Mischung aus fliegendem Wasser und Regen gibt der Crew der Dagmar Aaen eine finale Komplettdusche. Am Fuß der verschneiten Bergrücken zeichnet sich die Silhouette unseres Ziels ab: Husavik. Der kleine Fischerort am Polarkreis soll der Überwinterungshafen für unser Expeditionsschiff werden. Die Liegeplätze sind dort gut geschützt gegen alle Windrichtungen und die gesamte Bucht bleibt auch im Winter eisfrei. Der Hauptgrund für die Wahl Husaviks als Basis für die nächsten Monate sind aber die Menschen hier oben im Norden Islands. Genauer gesagt die Hardarson Familie. Die betreibt direkt am Hafen das äußerst erfolgreiche Whalewatching Unternehmen "North Sailing". Mit insgesamt zehn wunderschönen alten Holzschiffen fahren die Hardarsons naturinteressierte Touristen in die Nähe der Wale, die sich in der Bucht mit Hering vollfressen. Auf drei der Schiffe, auf der Hildur, der Opal und der Donna Wood bietet "North Sailing" auch Segeltörns in den Scoresby Sund an der Ostküste Grönlands an. Und so schließt sich der Kreis. Arved kennt die Familie seit Jahren, hat Vater Hördur und seinen Sohn Heimir bei der Auswahl der Schiffe beraten und schon viele Male haben wir uns auf See getroffen. Entsprechend herzlich fällt die Begrüßung aus. Mit einem Strahlen im Gesicht nimmt Hördur unsere Leinen an. Wir machen im Päckchen neben der Hildur fest. Nach diversen Umarmungen wird die Crew der Dagmar Aaen zum Begrüßungsbier eingeladen. In das fröhliche Stimmengewirr beim Austausch der neuesten Geschichten mischt sich auch ein wenig Melancholie. Denn für uns geht nun der erste Teil der Expedition Ocean Change zu Ende.

Genau 120 Tage war die Dagmar Aaen unterwegs, 6661 Seemeilen liegen im Kielwasser.

Von Hamburg aus ging es über die Shetlands und die Faröer nach Island. Weiter Richtung Südzipfel Grönlands, dann wegen des ersten Schadens an der Propellersteuerung unter Segeln bei schwerem Wetter zurück nach Island. Nach dem Reparaturstopp in Keflavik erneut Richtung Grönland, durch den Prins Christian Sund an die Westküste der weltgrößten Insel, weiter nach Norden bis ins Eis auf 77,52 Grad Nord. Auf der Rückreise Richtung Süden dann der zweite Schaden am Propeller. Das lange Warten auf den Slip in Aasiaat, die erneute Reparatur, die erneute Fahrt durch den Prins Christian Sund und ein weiteres Mal bei Sturm durch die Dänemarkstraße zurück nach Island. Auch wenn der Terminplan durch die Reparaturstopps kräftig durcheinander gewirbelt wurde, Teil 1 der Ocean Change Expedition war ein voller Erfolg. Diverse Projekte in Sachen erneuerbare Energie in der Arktis wurden besucht, das Plastikmüll-Aufkommen an vielen Stränden und auf verschiedenen Seestrecken analysiert. Nun werden die gesammelten Daten den Auftraggebern aus der Wissenschaft zur Auswertung übergeben. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse.

In den nächsten Tagen wird die Dagmar Aaen auf die Überwinterung in Husavik vorbereitet. Die Vorsegel werden abgeschlagen, die Kühlkreisläufe mit Frostschutz aufgefüllt und das Rigg gewartet. Nach einer gründlichen Reinigung unseres Haikutters geht es für die meisten von uns dann zurück nach Deutschland. Bei unseren Freunden in Husavik ist die Dagmar Aaen in besten Händen. Ganz allein bleibt die Dagmar Aaen indessen nicht. Lauren wird als einziges Crewmitglied an Bord bleiben. Sie möchte den Herbst und Winter auf Island erleben und die Dagmar Aaen wird ihr dabei Gesellschaft leisten. Weihnachten werden wir wieder zum Schiff reisen und nach dem Rechten schauen. Parallel dazu geht die Planung für die nächste Etappe der Ocean Change Expedition im kommenden Jahr weiter. Die nächste Werftzeit wird uns im Frühjahr 2019 einmal mehr nach Island führen und im Sommer wird die Crew erneut Richtung Arktis aufbrechen.

Es bleibt spannend!