Die erste Woche Wartezeit ist um. Wir haben die Zeit jedoch sinnvoll genutzt. Neben den vielen kleinen und großen Reparaturarbeiten, die nach mehreren Wochen auf See anfallen, haben wir unter Deck geputzt, gebacken, genäht, poliert und mit vielen frischen Zutaten lecker gekocht. Vor allem aber hat ein Teil der Crew einen Ausflug entlang der Südküste gemacht und dort gleichzeitig noch zwei Plastiksammlungen im Rahmen der Expedition Ocean Change an unterschiedlichen Stränden durchgeführt.


Wie so oft auf Reisen hat uns der Zufall geholfen und uns mit einem Umweltschützer aus Island zusammengeführt. Tómas J. Knútsson ist passionierter Taucher und Gründer der „Blue Army of Iceland“. Sein Ziel ist es, so viel Plastikmüll wie möglich an der Küste Islands einzusammeln. Er und die Blue Army – ein Zusammenschluss von Familie, Freunden und Firmen aus Tómas Umfeld – säubern Strände in Island seit 1995. In dieser Zeit wurden in mehr als 200 Projekten mit über 6000 Freiwilligen über 1400 Tonnen Plastik eingesammelt. Eine beachtliche Lebensleistung! Heute sind die umfänglichen Daten der Blue Army interessant für Wissenschaft und Forschung.

Gemeinsam sind wir zum Strand Sandevik auf der Reykjanes Halbinsel gefahren, zu einem Abschnitt der noch nie gesäubert wurde. Dementsprechend lag der gesamte Küstenabschnitt voll mit Müll. Ziemlich schnell haben wir beschlossen, unseren Untersuchungsabschnitt von normalerweise 100m auf 50m zu reduzieren, da die schier unendliche erscheinende Menge an Plastikmüll uns sicher den ganzen Tag beschäftigt hätte. Insgesamt wurden von uns auf einer Fläche von 50m mal 12m im Spülsaum rund 54kg Plastikmüll gesammelt, in diesem Fall waren rund 90 Prozent Fischereimüll. Netze, Bojen, Tauwerk, Boxen, FlipFlops und vor allem viele Kleinteile waren dabei, zum Teil recht neu, zum Teil aber auch über 15 Jahre alt. Die Blue Army wird den gesamten Küstenabschnitt mit rund 200 Personen im Rahmen des Coastal Cleanup Day am 15. September komplett säubern – wir sind gespannt, wieviel Kilogramm sie sammeln werden. Zusammen mit unserem Partner CleanSeas.org werden wir übrigens in Grönland ebenso am Coastal Cleanup Day teilnehmen. 

Unsere zweitägige Reise führte uns weiter entlang der Südküste in den UNESCO Katla Geopark. Dort haben wir weitere kleine Strandsammlungen vorgenommen, wobei diese Strände, insbesondere an den Touristenhotspots, regelmäßig gesäubert werden. Die Landschaft in Island ist atemberaubend und wir wissen nun, warum so viele Sagen von Trollen, Elfen und auch Hobbits diesem Land entspringen. Der Katla Geopark ist geprägt von Vulkanen, Gletschern, Wasserfällen, heißen Quellen und endlosen schwarzen Stränden. Den ersten Tag sind wir hinauf gewandert zum Gletscher Myrdallsjökull, der den Katla Vulkan überspannt. Es ist übrigens der große Bruder des Eyjafjallajökull, dessen Vulkan 2010 für erhebliche Beeinträchtigungen im europäischen Flugverkehr gesorgt hat.

Den zweiten Tag haben wir damit verbracht die endlosen schwarzen Strände entlang zu wandern und versucht Fotos von Papageientauchern zu schießen. Diese kleinen schwarz-weißen Torpedos mit orangem Schnabel sind nicht nur sehr gute Taucher, sondern auch schnelle Flieger und im Flug entsprechend schwer vor die Linse zu bekommen. Papageientaucher oder auch Puffins sind übrigens stark von dem Wandel der Ozeane oder drastisch ausgedrückt der Erdeerhitzung bedroht. Auch wenn dem ein oder anderen Tourist dieser Vogel als Delikatesse verkauft wird – Isländer essen heutzutage eigentlich keine Puffins mehr – liegt das eigentliche Problem im radikalen Wandel der Umweltbedingungen. Ihre Hauptnahrungsquelle auf Island sind Sandaale und Sprotten, wenn diese aufgrund von Temperaturänderungen ausbleiben oder ganz verschwinden, können erwachsene Tiere zwar auf Hering umsteigen, jedoch ist dieser Fische zu groß für die kleinen Küken und sie müssen verhungern.

Zurück auf dem Schiff werden wir nun alles fertig machen für den Slip. Für die Werft soll alles optimal vorbereitet sein und das passende Werkzeug parat liegen, damit wir unsere Reise schnellstmöglich und sicher fortsetzen können.


Justus Riedlinger