Mit guten Erinnerungen und neuen Freunden verlassen wir Qaqortoq am Freitagfrüh. Wir haben uns entschieden, das gute Wetter zu nutzen und einen weiten Schlag Richtung Norden zu fahren. Kurzum wurden die Städte Nuuk und Sisimiut von unserem Reiseplan gestrichen. Das ist zwar schade, aber wir wollen in den hohen Norden, ins Eis, ins Polarmeer.

Durch den neuen restriktiven Zeitplan haben wir bereits gut zwei Wochen Zeit gut gemacht. Das bedeutet zwar mehr Tage auf See, aber das stört uns nicht. Wir haben uns alle gut eingeschaukelt. Die Wachen, Backschaft, Brot backen, Ordnung halten - alles geht seinen gewohnten Gang. In der Freizeit wird gelesen, Grönländisch gelernt und Karten gespielt.

Wenn mal ein Wal zu sehen ist wird aufgestockt und alle finden sich an Deck wieder. Eissturmvögel begleiten uns und hin und wieder taucht eine neugierige Robbe neben dem Boot auf. Der Smutje verwöhnt uns mit einer leckeren Fischsuppe. Wir hatten Glück, in der Ausfahrt von Qarqortoq konnten wir ein paar Dorsche fangen. Es geht das Gerücht an Board um, dass an einer Angel fünf Fische gleichzeitig angebissen hätten. Ob es stimmt, können wir nicht überprüfen, aber es war sehr lecker.

Auf einer solchen Seestrecke ist alles was an Board passiert vom Wetter geprägt: Regen, Wellengang, Nebel, steife Prise oder Flaute - bisher war alles dabei. Die Grönländer mit denen wir ins Gespräch gekommen sind, erzählen uns alle, dass dieser Sommer ungewöhnlich kalt ist. Wir haben hier immer so um die 5-9 Grad. Temperaturen die sich gerade jeder daheim in Deutschland wünscht. Wir empfinden die Nachrichten die uns aus Deutschland erreichen als verstörend. Tonnenweise tote Fische, verendete Schwäne, Notschlachtungen, Landwirte die vor dem Existenzverlust stehen und Kraftwerke die heruntergefahren werden müssen, weil nicht mehr genügend Kühlwasser vorhanden ist. Diesen Sommer wird es erneut viele Tote aufgrund der Hitzewelle in Europa geben. Aus der Erderwärmung ist eine Erderhitzung geworden, der Klimawandel ist spürbare Realität. All das macht uns Sorgen.

Wie stark die Veränderungen in Grönland in diesem Jahr wirklich sind, können wir natürlich als Gäste nicht sagen und wollen die Bewertung Meteorologen überlassen. Was wir jedoch beobachten ist ungewöhnlich, das konstante Tiefdruckgebiet, welches zurzeit über Grönland liegt, ist typisch für die Monate September und Oktober. Arved und Brigitte berichten, dass sie bisher im Sommer in Grönland keinen Regen erlebt haben. Momentan regnet es andauernd. Einwohner berichten uns besorgt über starke Stürme und gefährliche Eisdrifts zu ungewöhnlichen Zeitpunkten. Es bleibt ein viel zu warmer Winter und ein zu kalter Sommer hier in Grönland und sicher ist, es wandelt sich etwas auf diesem Fleckchen Erden.

Heute Früh sind wir auf der Disko Insel in der Stadt Qeqertarsuaq angekommen. Es soll nur ein kurzer Stop werden, um zeitnah weiter in den Norden zu fahren. Wir wollen so weit wie möglich reisen auf dieser Expedition, wie weit es sein wird, dass weiß nur Neptun und hoffentlich auch der Wetterdienst, dem wir an dieser Stelle einmal ausdrücklich für die Versorgung mit aktuellen Wetterdaten danken wollen. Die Vorhersagen für Grönland sind sehr gut und wir können uns stehts auf die übersendeten Daten verlassen.

In den kommenden Wochen stehen viele spannenden Aufgaben bevor, wir wollen Gletscher vermessen, Plastiksammlungen durchführen und mit einem Hydrophon Unterwasseraufnahmen machen. Wir werden an dieser Stelle weiter berichten.

 

Justus