Die Wartezeit auf einen Sliptermin für die "Dagmar Aaen" stellt uns auf eine harte Geduldsprobe. Es gibt nur diese eine Werft in erreichbarer Nähe – also müssen wir uns gedulden, bis der Trawler, der gerade auf dem Slip die letzten Überholungsarbeiten durchläuft, wieder ins Wasser kommt. Das wird in den nächsten Tagen der Fall sein – aber wann genau? Mittwoch vielleicht? Oder doch eher Donnerstag? „Immaqa“ – frei übersetzt „vielleicht“ oder „wer weiß“ bekommen wir zu hören. Ein wenig grönländische Mentalität spielt da mit. So eilig hat man es auf Grönland nicht.

Aasiaat ist eine Stadt mit ca. 3100 Einwohnern. Damit nimmt Aasiaat die fünfte Position in der Rangliste der größten Städte Grönlands ein. Am Südeingang zur Diskobucht gelegen, kommt ihr eine strategische Bedeutung zu. Der Hafen ist stark frequentiert von Fischkuttern, Hochseetrawlern, sowie alten und modernen Kunstoffbooten mit PS starken Außenbordern, die hier zu Lande mangels eines Straßennetzes das Auto ersetzen. Bis zu vier Schiffe der „Royal Arctic Line“ liegen gleichzeitig an der Pier, um Waren aus Dänemark zu löschen, von denen ein Großteil auf kleinere Schiffe umgeladen wird, um die kleinen, abgelegenen Gemeinden zu versorgen. Es ist eine unglaubliche Logistik erforderlich, um die insgesamt 56.000 Einwohner zählende Bevölkerung Grönlands mit Nahrungsmitteln, Heizöl, Haushaltswaren und Gütern aller Art zu versorgen. Straßen gibt es nicht auf Grönland, der Warenverkehr findet auf dem Seewege oder durch die Luft statt.

Anderes als Upernavik, das an Abwechslung nur wenig zu bieten hatte, gibt es in Aasiaat Hotels, ein Seemannsheim, mehrere gut bestückte Supermärkte, Kneipen, Fährverbindungen und kulturelle Veranstaltungen. Am Wochenende fand hier eines der größten Rockfestivals Grönlands statt. Aber deswegen fährt man nicht nach Grönland. Es ist die gewaltige Natur, die uns immer wieder fesselt. Bei der Tourstinformation gibt es Kajaks zu mieten. Einige von uns machen davon Gebrauch und paddeln bei herrlichstem Wetter zwischen Finnwalen hindurch, die unmittelbar vor der Hafeneinfahrt auf und ab schwimmen. Andere aus der Crew unternehmen ausgedehnte Wanderungen in die Umgebung. Wir treffen den Franzosen Philipp, der mit seinem umgebauten Schlepper „Le Minguère“ Künstler an Bord nimmt und während der polaren Nacht gemeinsam mit ihnen den Winter verbringt. Es sind interessante Menschen und Geschichten, denen wir hier begegnen.

In der Gelassenheit liegt Kraft – sagt man. Es fällt uns wahrlich nicht leicht auf den Werfttermin zu warten, wir wollen ja weiter. Dennoch – bisweilen sind es gerade die ungeplanten Aufenthalte, die einem die Menschen und deren Leben näher bringen.