77° 52,18‘ N und 071°14,92‘ W - wir haben den nördlichsten Punkt unserer Reise erreicht. Aufgrund der vorhergesagten hohen Packeisbedeckung werden wir nicht weiter in den Smith Sund in Richtung Norden fahren. Sicherlich könnten wir einfach fahren, jedoch wollen wir die Zeit nutzen und die Fjorde rund um Siorapaluk und Qaanaaq ansteuern. Wir wollen Zeit für Begegnungen mit den Menschen vor Ort haben und vor allem wollen wir unsere geplanten Untersuchungen durchführen.

Im Vorfeld der Expedition haben wir viel Zeit in verschieden Kooperationen investiert. Ziel ist es den Wandel der Ozeane zu dokumentieren und herauszufinden wie stark dieser Wandel hier im Nord-Westen Grönlands ausfällt. In der Vergangenheit waren die "Dagmar Aaen" und die Expeditionen von Arved immer wieder Plattform von wissenschaftlichen Untersuchungen. Sicherlich gibt es heute modernere und größere Forschungsschiffe und Untersuchungen können zuweilen aus dem Weltall erfolgen. Jedoch ist die Größe unseres Schiffes auch unser Vorteil, wir können in flaches Fahrwasser einfahren, in kleine Buchten anlanden und sehen Orte, wo wohl kaum ein großes Forschungsschiff hin gelangen könnte. Der wissenschaftliche Mehrwert ist somit gegeben, gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass wir in erster Linie dokumentieren und Botschaften in die Öffentlichkeit transportieren.

Neben dem Thema Plastikverschmutzung und Erneuerbare Energien in der Arktis – wir haben bereits hier im Logbuch darüber berichtet – wollen wir auf dieser Reise Gletscher untersuchen. U.a. nehmen wir für das ITAP aus Oldenburg Unterwasserschallaufnahmen mit einem Hydrophon, für das Naturhistorische Museum Kopenhagen untersuchen wir Gletscher und nehmen Bodenproben an verschiedenen Stellen in Grönland.

Die Unterwasseraufnahmen machen wir, um zu dokumentieren, wie laut es eigentlich unter Wasser ist und was man dort alles hören kann. Schall breitet sich im Wasser deutlich schneller und weiter aus als an Land. Viele Meeressäuger werden aus den viel befahrenen Schifffahrtsstraßen vertrieben oder müssen ihre Kinderstuben verlassen weil eine weitere Öl - oder Gas-Plattform gebaut wird. Gerade aber an der Abbruchkante eines Gletschers wird es laut, es knackt und knallt, wenn die Eisberge vom Eissockel abbrechen und ins Wasser stürzen. Die Aufnahmen mit dem Hydrophon werden wir – nach Aufbereitung durch die freundliche Unterstützung der Wissenschaftler auf Oldenburg – auf unserer Homepage veröffentlichen.

Ziel der Gletscheruntersuchungen ist es zu messen, wie schnell die Gletscher ins Meer kalben. Viele Gletscher auf Grönland enden direkt im Meer. Die Gletscherzunge schwimmt auf dem Wasser, bevor sie sich in Form von abbrechenden Eisbergen auflöst. Wie schnell ein Gletscher sich dort auflöst hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Dabei hat das Meerwasser vor und unter dem Gletscher großen Einfluss. Leicht nachvollziehbar führt warmes anströmendes Meerwasser dazu, dass der Gletscher sich erwärmt und schmilzt. Aber darüber hinaus haben der Salzgehalt und die Verteilung von Salz und Temperatur in der Wassersäule Auswirkungen auf den Prozess. In Klimamodellen werden diese Faktoren nur teilweise berücksichtigt. Im ersten Moment mag es verwundern, dass selbst solche scheinbaren Details in der Berechnung relevant sind. Doch je detaillierter die Eingangsdaten, desto belastbarer sind die Ergebnisse der Berechnungen.

Für die Messung von Temperatur und Salzgehalt haben wir eine CTD-Sonde vom Geomar in Kiel geliehen, mit der in verschiedenen Tiefen die beiden Werte gemessen und gespeichert werden. Diese Sonde ist eine etwa 50 cm lange etwa 1,5 kg schwere Titanröhre, die wir an einer 200 m langen Leine ins Wasser lassen. Wir fahren so dicht wie es uns sicher erscheint an die Gletscherkante heran, stoppen auf und fieren das Messgerät langsam in die Tiefe. Alle 5 Meter Tiefe wird automatisch gemessen. Nachdem wir das Gerät wieder zurück an Bord geholt haben, werden die Daten ausgelesen.

Wir sind sehr gespannt auf die Auswertung unserer Messergebnisse. Was wir in jedem Fall auch ohne Auswertung bereits mitteilen können sind die beunruhigenden Gespräche mit den Menschen vor Ort. Immer wieder wird uns von alten und neuen Freunden berichtet, wie schnell und wie stark sich diese sensible Gegend wandelt. Insbesondere das ausbleibende Packeis wird immer mehr zu einem echten Problem für die Lebensweise in diesen Breitengraden.

Volker & Justus